Viele Menschen, die bereits unter Gelenkbeschwerden leiden, stellen sich früher oder später die gleiche Frage: Soll ich mein Gelenk lieber schonen – oder darf ich es belasten?
Die spontane Reaktion ist oft Schonung. Schließlich soll ja nichts „kaputtgehen“. Doch genau das Gegenteil ist häufig der bessere Weg: Bewegung und maßvolle Belastung sind entscheidend, damit Gelenke gesund bleiben und sich Strukturen sogar wieder regenerieren können. Denn Schmerz ist kein Signal unseres Körpers um eine bestimmte Bewegung oder Aktivität pauschal nicht mehr zu tun.
Warum Belastung so wichtig ist
Unser Körper ist kein starres Gebilde, sondern ein lebendiges System. Knochen, Knorpel, Muskeln, Sehnen und Bänder reagieren ständig auf die Reize, die wir ihnen geben.
- Knochen werden durch Osteoblasten aufgebaut. Sie brauchen in erster Linie Druck und Zugkräfte, damit sie stark und stabil bleiben.
- Knorpel wird von Chondroblasten gebildet. Knorpelgewebe hat keine eigene Blutversorgung – es wird durch wechselnde Belastungen von Druck- und Zugbewegungen mit Nährstoffen versorgt.
- Muskeln und Sehnen passen sich an, wenn sie gefordert werden. Regelmäßige Belastung macht sie kräftiger und widerstandsfähiger – auch oder sogar besonders im Alter.
Wenn wir Gelenke dauerhaft schonen, baut der Körper ab und spart sich somit den Energieaufwand des Erhalts. Das Gelenk verliert an Stabilität, Knochen werden weniger stabil, Knorpel wird schlechter versorgt, Sehnen degenerieren und Muskeln werden schwächer und weniger.
Schonung – wann sie sinnvoll ist
Natürlich gibt es auch Situationen, in denen Schonung temporär notwendig ist:
- nach akuten Verletzungen (z. B. Bänderriss, Bruch),
- nach Operationen,
- oder bei einer starken akuten Entzündung.
In diesen Phasen kann es wichtig sein, Belastung gezielt zu reduzieren. Doch selbst dann gilt: komplette Immobilität sollte so kurz wie möglich gehalten werden. Schon früh lassen sich kleine, geführte Bewegungen einbauen, um den Heilungsprozess zu unterstützen. Schonung sollte dabei nicht mit Nichtbewegung gleich gesetzt werden. Bereits minimale Bewegungen helfen dem Heilungsprozess, da Nährstoffzufuhr immer an (Flüssigkeits-)Bewegung (u.a. Blut) gekoppelt ist.
Bewegung als Medizin
Regelmäßige, dosierte Bewegung nach einer Verletzung wirkt wie eine Art „Medikament“ für unsere Gelenke. Sie fördert den Stoffwechsel im Knorpel, stärkt die Muskulatur und stabilisiert so das gesamte Gelenk. Beispiele dafür sind:
- Schmerzfreies Durchbewegen des Fußes nach einer Verstauchung oder bislang ungeklärter Verletzung
- Spazierengehen oder Nordic Walking – einfache Alltagsbelastung, die die meisten Gelenke gut vertragen.
- Radfahren – gleichmäßige Bewegung, besonders geeignet für Knie und Hüfte.
- Kräftigungsübungen mit Gewichten – gezielte Übungen bauen Knochen und Muskulatur auf, die Gelenke schützt und entlastet.
- Sprünge – die höchste Form der Gelenkbelastung. Wer gesunde Gelenke haben möchte, sollte Sprungübungen in seinem Training haben.
Entscheidend ist: Bewegung sollte angepasst und schmerzarm sein. Leichter Belastungsschmerz ist oft unproblematisch, aber starke Schmerzen sind ein Signal, die Belastung zu reduzieren. Oft kann man sich an der Zehnerskala orientieren, ein Schmerz der die Stufe 6 nicht überschreitet, ist allgemein als gefahrenlos zu betrachten, vor allem wenn der Schmerz direkt nach einer Bewegung/Belastung abklingt.
Fazit
Gelenke wollen und sollen bewegt und belastet werden. Nur so bleiben sie stabil, elastisch und funktionsfähig. Eine längere Schonung ist nur in Ausnahmefällen und zeitlich begrenzt sinnvoll.
Die Devise lautet: so viel Bewegung wie möglich, so wenig Schonung wie nötig.
Ihr Körper dankt es Ihnen – mit kräftigen Knochen, versorgtem Knorpel und belastbaren Muskeln.
👉 Tipp aus der Praxis: Wenn Du unsicher bist, welche Belastung für Dein Gelenk sinnvoll ist, sprich uns gern an. Gemeinsam finden wir die richtige Dosis an Bewegung für Dich.






